Hubert Hoffmann, Karl Kirchmeyr und meine Wenigkeit, von Wien angereist, trafen sich bereits am Abend davor im schönen Nürnberg. Zu späterer Stunde führte uns noch dankenswerter Weise Sebastian Kirsch durch die Innenstadt. In einem der prächtigen Fachwerkbauten Nürnbergs wohnte Albrecht Dürer am Beginn des 16. Jhdts. Der herausragende Lautenbauer Hans Frei, in Nürnberg geboren und verstorben, war der Schwiegervater des berühmten Malers.
Am nächsten Vormittag konnten wir noch weiter die Innenstadt auskundschaften bevor wir uns mittags mit Klaus Martius und Sebastian Kirsch beim Museum trafen.
Zu unserer Runde gesellten sich noch David Bergmüller, Andreas von Holst und Dieter Kirsch. Nach einer überaus interessanten Führung durch die Lautensammlung konnten wir auch die Lautenbestände des Depots kurz besichtigen. Anschließend durften wir auch in die Werkstatt wo es uns möglich war, ganz nahen Kontakt zu den edlen Lautendamen zu nehmen, welche zurzeit fachmännisch restauriert werden.
Das Germanische Nationalmuseum in Nürnberg verfügt mit einer Anzahl von 26 Lauteninstrumenten zwar nicht über die größte, aber sicherlich die am besten dokumentierte Sammlung bedeutender Lauteninstrumente auf der ganzen Welt. Von diesem Ort gingen ab dem letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts durch die Organisation der Lautenbaukurse mit dem amerikanischen Lautenbauer Robert Lundberg wesentliche Impulse zur Wiederentdeckung einer historisch informierten Lautenbaukunst aus und seit den Tagen Friedemann Hellwigs, Ian Watchorns bis zu Klaus Martius hat sich das Museum zu einem „Thinktank“ im historischen Lautenbau entwickelt.
Durch eine, inzwischen revidierte, Museumsphilosophie der Spielbarmachung historischer Musikinstrumente gelangten damals einzelne Instrumente aus der Sammlung sogar zu Tonträger-Ehren und liefern bis heute unersetzliche Klangproben einer lang verklungenen Zeit. Ich erinnere da z.B. an die Aufnahmen von 1978/79 mit Musik von Denis Gaultier und Jaques Gallot auf der Pietro Railich Laute, gespielt von Hopkinson Smith als auch an die erste Weiss-Platte von Hopkinson Smith, gespielt auf der Leopold Widhalm-Laute:
Ein weiteres Hördokument ist, ebenso 1979 entstanden, die wunderschöne Schallplatte „Lauten-Galanterie“ von Antony Bailes, gespielt auf der Martin Hoffmann-Laute des GMN.
Auch einige, bislang wenig beachtete Instrumente österreichischer Provenienz befinden sich in den Beständen dieser Sammlung. Eines davon, eine 11-chörige Laute aus der Linzer Werkstatt Blasius Weigerts, ist in einem außergewöhnlich guten Zustand. Hier müssen nur behutsame restauratorische Eingriffe gemacht werden, um das Instrument wieder zum Klingen zu bringen. Vielleicht wird die Weigert-Laute in ein paar Jahren auch auf Tonträger akustisch zu genießen sein:
Sebastian Kirsch zeigte uns auch das Projekt seiner Diplomarbeit über Konservierung und Restaurierung – eine umgebaute Laute von Rudolph Höss, Münschen 1698:
Noch ein Tipp: Das Germanische Nationalmuseum ist wesentlicher Kooperationspartner der Projektes MIMO (musical instrument museum online). Diese Datenbank zeigt mittels Suchfunktion mittlerweile über 55.000 historische Instrumente mit Beschreibung, Fotos und z.T. Röntgenaufnahmen. Mit diesem Link kommt man direkt zu den Lauteninstrumenten des Germanischen Nationalmuseums.
Mit großem Dank möchte ich noch erwähnen, dass diese Exkursion ein einmaliges und überaus interessantes Erlebnis war, zumal der Sammlung wegen größerer Umbauten eine jahrelangen Schließung bevorsteht.
Richard Labschütz